Vortrag von Udo Philipp: Rente statt Sozialhilfe!

26.11.16 –

Die Grünen wollen auch Selbständigen, Frauen, und Menschen mit niedrigen Löhnen eine echte Rente ermöglichen. Wer den größten Teil seines Lebens gearbeitet hat, solle im Alter nicht auf Sozialhilfe angewiesen sein.

Sechzig Jahre müsste man als Bezieher von Mindestlohn arbeiten, um im Alter nicht von Grundsicherung im Alter leben zu müssen. „Menschen ihr ganzes Leben lang fast zwanzig Prozent Rentenbeiträge von ihren niedrigen Löhnen einzubehalten und sie im Alter von Sozialhilfe leben zu lassen, ist unserer Gesellschaft unwürdig“, meint Udo Philipp, Mitglied der Rentenkommission von Bündnis 90/Die Grünen bei einer Veranstaltung in Kempten zu den grünen Reformideen für die Rente.

Im internationalen Vergleich schneidet das deutsche Rentensystem laut Philipp nicht gut ab. Deutschland sei das einzige Industrieland der Welt, in dem Millionen von Selbständigen nicht für das Alter abgesichert seien. Außerdem habe Deutschland gemäß den Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ein außerordentlich schlechtes Rentenniveau für Bezieher niedriger Einkommen. Um mit anderen Industrieländern mithalten zu können, müsse es auch in Deutschland eine gewisse Umverteilung in der Rente geben, so wie dies in den meisten anderen Industrieländern üblich sei.

Die Grünen wollen die gesetzliche Rente wieder stärken und das Rentenniveau stabilisieren, indem sie versicherungsfremde Leistungen, wie die Mütterrente, konsequent aus Steuermitteln finanzieren und indem sie sich am Arbeitsmarkt für faire Löhne und eine Schließung des „gender pay gap„ für Frauen stark machen. Außerdem wollen die Grünen gezielt Einwanderung zulassen, damit auch in Zukunft ausreichend viele Menschen erwerbstätig sind. Höhere Beiträge, wie von den Gewerkschaften gefordert, wollen die Grünen hingegen vermeiden. „Frauen im Westen bekommen durchschnittlich eine Rente von 593 Euro“ rechnet Udo Philipp vor. Für sie mache es einen gewaltigen Unterschied, ob sie in jungen Jahre 1.300 oder 1.250 Euro netto zum Leben haben. Für ihre Rente mache es aber absolut keinen Unterschied, ob diese 580 oder 593 Euro betrage, sie werde sowieso auf das Grundsiche­rungsniveau aufgestockt. „Das Rentenniveau über höhere Beiträge zu stabilisieren ist pseudosozial und reine Klientelpolitik für Gewerkschaftsmitglieder, sprich männliche Facharbeiter“ kritisiert Udo Philipp.

Die Grünen wollen hingegen allen Menschen, die den größten Teil ihres Lebens gearbeitet oder Kinder erzogen haben, also auch Menschen mit niedrigen Löhnen und Frauen, die es nicht schaffen 45 Jahre lang zu arbeiten, eine echte Rente garantieren. Das heißt Menschen mit mehr als 30 Versicherungsjahren sollen mehr als 900 Euro Rente erhalten. Im Gegensatz zum heutigen System der Grundsicherung soll diese Zahlung eine echte Rente sein.

Für die Grünen ist das ein besonders wichtiger Aspekt, weil die Grundsicherung im Alter nicht nur zu niedrig sei, sondern auch besonders entwürdigend. „Wir wollen die Bedürftigkeitsprüfung abschaffen“ erläutert Philipp „dadurch wird die Garantierente eine echte Rente und kein Almosen wie die Sozialhilfe.“ Viele Menschen verfügen zusätzlich zu ihrer gesetzlichen Rente noch über eine Betriebsrente oder private Ersparnisse, so dass eine Abschaffung der Bedürftigkeitsprüfung das Rentenniveau für die ärmeren Rentner spürbar anheben würde.

Der Referent berichtete von einer älteren Dame, die ihm persönlich ihr Schicksal erzählt habe. Sie habe 45 Jahre lang gearbeitet und zwei Kinder groß gezogen. Trotzdem müsse sie jetzt von Sozialhilfe leben. 12 Euro erhalte sie am Tag. Wie solle man sich von so wenig Geld neue Schuhe kaufen, wenn die alten Löcher hätten?

Dieses Jahr durften sich alle anderen Rentner über die größte Rentenerhöhung der letzten Jahrzehnte freuen. Auch die ältere Teilnehmerin hatte sich gefreut, dass sie jetzt endlich auch etwas mehr Geld zum Leben habe würde. Aber sie war völlig vor dem Kopf gestoßen, dass die höhere Rente vollständig mit der Grundsicherung verrechnet wurde und sie weiter keinen Cent mehr als 12 Euro am Tag bekommt. Auch als die Mütterrente erhöht wurde und sich alle anderen Mütter über 30 Euro mehr Rente freuen durften, wurde ihr dies auf die Grundsicherung vollständig angerechnet.

Das ist die Brutalität der Grundsicherung im Alter“ meinte Philipp „Ersparnisse und zusätzliche Einkünfte werden konfisziert.“ Das sei ein Grund für das Konzept der Grünen Garantierente. Hier würden auch ärmere Rentner von Rentenerhöhungen oder einer höheren Mütterrente profitieren.

Im Anschluss an den Vortrag fand eine lebhafte Diskussion statt.


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